zeit und eis
von tausend eiszeiten begraben bewegungslos im tiefen gestein lauschen wir in die dunkelheit lauschen warten sind bereit
I
wir warten dunkle lieder singend warten blind und namenlos geduckt in gaias innerstem schoß seiend und werdend in erdtiefen höhlen wartend auf feuer das wärmt und erhellt wartend auf wasser das netzt und kühlt kauern tief im innern der berge erzählen geschichten aus uralter zeit warten in steinerner dunkelheit trotz der gletscher die über uns donnern trotz des eises das über uns wächst warten und singen magische weisen machen uns für etwas bereit bereit uns zu strecken warten und lauschen auf etwas das donnernd morgenrot kommt das kommt ohne namen das eis zu zersprengen die gletscher zu schmelzen den fels zu zertrümmern der das licht uns wehrt
II
tausend mal das eis durchbrochen tausendmal ans licht gedrungen
atmen! atmen! leben! jubeln! fliegen! freie götter sein!
wir schreien und tanzen wir jauchzen und rennen wir brennen suchen fluchen lachen... tausend mal wo sind wir wo wo sind wir wenn engelsflügel lodern wenn sternstaub in den augen brennt
wenn wir wirbeln und jagen durch brennende wüsten durch lava und asche eiszeiten atmend sintfluten trinkend blitze schleudernd in dunkler nacht
wenn wir fallend und taumelnd und brennend stürzen und unsere schreie zeitlos verhallen
III
wo sind wir sterne zerstampfend wo sind wir sonnen verschlingend winzig klein und unendlich groß
sind wir weiter vorhanden trotz der zeit die entschwindet zerläuft und verwischt werden wir mitfliegen oder auf der strecke bleiben wenn mit lichtgeschwindigkeit der kosmos bricht
wohin treiben wir im endlosen all frierend im kalten licht der sterne was bleibt wenn wir echolos an bergen verhallen verwehen auf schneebedeckten gipfeln der zeit
wenn wir in ehrfurcht erzittern im eisigen licht vor des moments absolutheit des augenblicks größe entstanden durch vergangenheit und zukunft in uneinigkeit
IV
jetzt! was habe ich zu verlieren jetzt! und immer dabei lebend unendlich über vergangenen formen feiernd dem himmel entgegenjauchzend im nichts geblendet vom moment in zeit diffundierend zerfliessend neu formierend in molekülen der unendlichkeit ohne wissen ohne fragen seiend im jetzt für immer und ewig zitternde atome in raum und zeit
V
woher die ahnung nach ewigem das uns umgibt und sucht wie wir es suchen ohne je zu wissen wonach ohne je zu finden was wir erahnen oder zu erkennen wonach wir suchen ohne flügel die wachsen bar jeglicher mühe uns himmelwärts zu tragen vogellos
tausend mal das eis durchbrochen tausend atemzüge gemacht meinen manchmal ewigkeiten zu erhaschen doch es ist nur der mond nur die sterntiefe nacht
wovon sind unsere seelen so trunken wohin treibt uns des urknalls kraft wenn wir weiter und weiter ins all zerstieben das raum und zeit und eis erschafft
wo auch immer mächte sich donnernd erheben materie in sich zusammenbricht lieder im endlosen kosmos verhallen sonnen ersterben im eigenen licht sind wir wir nicht inmitten von allem wohlbehütet und eingebettet in zeit und eis unerweckt aus dem schlaf des lebens in dem wir schlummern süß und geborgen alleine und ewigkeitsgetränkt sonnen erschauend die hinter unseren lidern brennen und uns vergessen lassen woher wir kommen
oh süsse sehnsucht du erweckst uns nicht aus dem was wir leben nennen wonach wir schaudernd gieren ohne es erfassen zu können bebend in erwartung vor unaussprechlichem welches uns nimmerrastend ausgekehrt und ingewendet erschauern lässt im angesicht dessen jenseits aller fragwürdigkeit wenn wir brennen ohne zu leuchten singen ohne zu tönen vergessen ohne je gewusst zu haben
wenn wir eines tages die sphären der erkenntnis erreichen lichtjahre entfernt und jede meiner gesten den kosmos unendlich zart in ihrer vollkommenheit berührt.....
tausendmal das eis durchbrochen.
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